DIE SCHULE

Wie entstand die Idee zur Gründung der
Lateinamerikanischen Schule Biel?

Gabriela de Vries y Andrea Casallas, beide wohnhaft in Biel, zogen ihre Kinder in einem multikulturellen und mehrsprachigen Familienumfeld auf. Beide waren Spanisch sprachig, hatten lateinamerikanische Wurzeln und sorgten sich nicht zuletzt wegen ihrer Ausbildung und Erfahrung in den Bereichen Bildung und Sprache (Andrea in den Ethno-Erziehungswissenschaften und Gabriela als Übersetzerin und Sprachlehrerin), weil sie bei ihren Kindern beobachteten, dass deren Sprachfertigkeit im Spanischen stetig nachliess, während deren Gedanken, Gespräche und Ausdrucksweise mehr und mehr von der dominanten Sprache aus ihrem Umfeld bestimmt wurden. Die Mütter überlegten, auf welchem Weg ihre Kinder die Mutter- bzw. Vatersprache beibehalten könnten und was man diesem unaufhaltsam erscheinenden Vorgang des Verlusts der Wurzeln und Sprachfähigkeit entgegen setzen könnte

Auf ihrer Suche stiessen die beiden Frauen auf das Konzept des heimatlichen Sprach- und Kulturunterrichts, der in der Deutsch sprachigen Schweiz als "Heimatliche Sprache und Kultur" (HSK) und in der Französischen Schweiz als "Langue et Culture d'Origine" (LCO) bekannt ist.

Wie entstand der "Heimatliche Sprach- und Kulturunterricht?"

Dieser Unterricht entstand in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts, als die ersten sog. Gastarbeiter, v.a. Italiener und Spanier, in die Schweiz kamen. In dieser Zeit kamen die meisten dieser Einwanderer mit ihren Familien für einige Jahre in die Schweiz, um danach wieder in ihr Heimatland zurückzukehren. Ihre Kinder wurden in die Schweizer Regelschule integriert, erhielten jedoch Unterricht in der heimatlichen Sprache und Kultur, der von den Regierungen der Heimatländer finanziert wurde und so den Kindern die Wiedereingliederung in die Schule nach deren Rückkehr ins Heimatland erleichtern sollte.

m Laufe der Jahrzehnte wurde diese Idee der "Schule für Heimatliche Sprache und Kultur" von anderen Sprach- und Kulturgemeinschaften aufgenommen, die in der Schweiz lebten, und diese gründeten ihre jeweiligen Schulen, die heutzutage entweder von den Regierungen der Heimatländer oder von den interessierten Familien selbst finanziert und verwaltet werden.

In der Gemeinde Biel waren im August 2013 folgende Sprachgemeinschaften mit einer HSK-Schule registriert: Albanisch, Arabisch, Italienisch, Kroatisch, Portugiesisch (Portugal), Russisch, Serbisch, Spanisch (Spanien), Spanisch (Lateinamerika), Tamilisch und Türkisch.

Wie kam es zur Gründung der Lateinamerikanischen Schule Biel?

Spanisch sprachige Kinder mit lateinamerikanischen Wurzeln hatten in Biel bis zu diesem Zeitpunkt (2010) keinen Zugang zum HSK-Unterricht Spanisch, da die Spanische Schule spanischen Staatsangehörigen vorbehalten ist. So beschlossen Andrea und Gabriela diese Situation zu ändern und eine lateinamerikanische Schule zu gründen. Nach einer Planungsphase, während der u.a. der Austausch mit anderen Institutionen gesucht wurde, die im selben Bereich tätig sind, kamen andere Mütter hinzu, um diese Idee mit umzusetzen, so dass im November 2010 eine Gruppe von fünf Frauen (Andrea Casallas, Gabriela de Vries, Celeste Caballero, Carolina Borer und Ingrid Fromm) den Förderverein Lateinamerikanische Schule Biel gründete, dessen erklärtes Ziel es war, Unterricht in spanischer Sprache und lateinamerikanischer Kultur anzubieten, der die Kinder in ihrer Entwicklung zu eigenständigen, sich ihrer Wurzeln bewussten Menschen unterstützen sollte.

Im März 2011 öffnete die Lateinamerikanische Schule Biel ihre Türen für 18 Schülerinnen und Schüler.

Was sind die größten Herausforderungen einer lateinamerikanischen Schule und wie geht sie damit um?

Was sind die wichtigsten Herausforderungen einer lateinamerikanischen Schule und wie werden sie überwunden? Die Schülerinnen und Schüler der Lateinamerikanischen Schule Biel/Bienne haben ihre Wurzeln in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern wie Chile, Peru, Ecuador, Kolumbien, Uruguay, Kuba, der Dominikanischen Republik, Mexiko und anderen. Diese Länder haben einzigartige kulturelle Besonderheiten und jede Familie hat ihre eigene Art, diese zu Hause zu erleben und weiterzugeben.

In Einzelgesprächen mit den Eltern der neuen Schüler und Schülerinnen versucht die Lehrkraft herauszufinden, wie die Eltern ihre Herkunftskultur an ihre Kinder weitergeben. Das ist wichtig, um die Arbeit der Eltern im Unterricht zu verstärken und umgekehrt, damit Eltern und Lehrkräfte zusammenarbeiten können.

Gleichzeitig stellt die Begegnung verschiedener lateinamerikanischer Kulturen im Klassenzimmer, die durch die spanische Sprache verbunden sind, einen wertvollen Raum für kulturellen Austausch und Bereicherung dar, der die Möglichkeit bietet, das Interesse, die Sensibilität und die Neugier der Kinder für die Unterschiede zwischen den lateinamerikanischen Völkern zu fördern und gleichzeitig gegenseitigen Respekt und Toleranz zu fördern.

«El hombre es enemigo de lo que ignora:
enseña una lengua y evitarás una guerra.
Expande una cultura y acercarás un pueblo a otro.»

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